Arnulf Herrmann

Neu gehört: Arnulf Herrmann

Fragen an die Komponist:innen des Neue-Musik-Festivals »Elbphilharmonie Visions«.

Der Klang der Gegenwart im Großen Saal: Beim Festival »Elbphilharmonie Visions« steht ausschließlich zeitgenössische Musik auf dem Programm. Das ist nicht nur musikalisch spannend, sondern bietet auch die großartige Chance, den Komponist:innen Fragen zu ihren Werken und zum Komponieren selbst zu stellen. Wie funktioniert Komponieren überhaupt? Haben sie vorher schon eine konkrete Vorstellung von dem Werk oder entsteht es erst beim Schreiben? Was für eine Rolle spielt die Umgebung? Und was wünschen sie sich für ihre Musik?

Davon berichten die Komponist:innen des Festivals in Kurzinterviews – in dieser Ausgabe mit Arnulf Herrmann, der nur allzu gern mit extremen Ausdrucksbereichen experimentiert. Bei »Elbphilharmonie Visions« steht sein Werk »Tour de Trance« auf dem Programm.

Anja Petersen singt Arnulf Herrmanns »Tour de Trance«

Was inspiriert Sie als Komponist? Welche Rolle spielt das Außermusikalische?

Das ist letztlich in alle Richtungen offen. Oft spielen jedoch körperliche Qualitäten der Musik, wie Schwereempfindungen, Rhythmen, Tempi etc. eine Rolle. Viel wichtiger als solche Impulse ist für mich aber der Moment, in dem sich verschiedene Ausgangsideen zu etwas Drittem verbinden und beginnen zu interagieren. Das ist der eigentliche Schlüsselmoment im Kompositionsprozess.

Außermusikalisches ist eine der Quellen für mögliche Anregungen. Allerdings nur, wenn es sich in das Innermusikalische verlagern lässt. Reine Illustration interessiert mich nicht.

Ist Ihre innerliche Vorstellung von einem Werk schon ausgeprägt, ehe Sie sich daran machen, es zu komponieren?

Das ist unterschiedlich. Manchmal ist vieles von Anfang an da, manchmal beginne ich im Detail, mehr mit einer Ahnung, und die Idee kristallisiert sich erst nach und nach heraus. Das Vergnügen beim Komponieren besteht für mich darin, Dinge unterwegs zu entdecken und nicht einen vorgefertigten Plan abzuspulen.

Wie würden Sie den Klang unserer Zeit beschreiben?

Weniger als einen Klang unserer Zeit, sondern eher als ein ständiges Variieren und Aufbrechen der Betrachtungsweisen. Gerade durch die Auseinandersetzung mit anderen Musikkulturen werde ich mir der Besonderheiten meiner eigenen Arbeit und ihrer Hintergründe immer mehr bewusst. Im Idealfall führt das zu einer sehr spielerischen Befreiung des Denkens.

Was braucht zeitgenössische Musik, um die Liebe des Publikums zu gewinnen?

Überzeugte und überzeugende Interpreten. Und natürlich Stücke, die zu reichhaltigen Betrachtungsweisen herausfordern.

Was möchten Sie dem Publikum über Ihr Werk mit auf den Weg ins Konzert geben?

Das ist schwer in einem Satz zu sagen. Im Idealfall das Gelingen eines Spagats: Intensität des Augenblicks und das Entdecken eines Beziehungsreichtums über den Augenblick hinaus.

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