01
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Techno auf Blasinstrumenten zu spielen?
Als Künstler ist man immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Diese Kombination gab es noch nicht – zumindest nicht auf die spezielle Weise, in der wir Musik machen. Außerdem habe ich immer eine Verbindung zwischen elektronischer Musik und Brass-Sound gespürt. Also haben wir dieses Experiment gewagt.
Elbphilharmonie Session mit Meute
Die Hamburger Techno Marching Band spielt ein Set auf dem Dach der Elbphilharmonie.
02
Wie habt ihr euch als Band zusammengefunden?
Viele von uns kannten sich schon vor der Bandgründung aus der Hamburger und der Berliner Musikszene. Hier herrscht ja traditionell eine starke Connection. Ein paar kennen sich sogar noch aus der gemeinsamen Schulzeit in Lübeck.
03
Einige von euch sind klassische ausgebildete Musiker. Wie unterscheidet sich die Musik von Meute zu anderen Musikstilen, die man mit Blech- und Schlaginstrumenten normalerweise spielt – klassische Orchesterliteratur, Bigbands oder Standard-Bandbesetzungen?
Ein großer Unterschied zur klassischen Musik ist die sogenannte »Time«. In der klassischen Musik gibt es Agogik – das bedeutet, dass das Tempo bewusst schwankt und die Musik so zum Leben erweckt wird. Elektronische Musik entfaltet ihre hypnotische Wirkung durch das radikale Gegenteil. Außerdem gibt es in der Komposition von Techno noch ein paar weitere melodische und strukturelle Eigenarten, die diese Musik elektronisch klingen lassen, auch wenn sie von einem akustischen Ensemble gespielt wird. Dazu gehören Dreierverschiebungen, minimalistische Fragmente, Arpeggios und der Drop sowie dessen Antäuschung. Für alle ohne Rave-Erfahrung: Der Drop ist der Moment, in dem sich die Spannung auflöst und alle Instrumente – insbesondere die Bassdrum und die Bässe – wieder einsetzen. Dann fangen die Endorphine an zu hüpfen. Man könnte lange dazu forschen, was elektronische Musik auszeichnet – jenseits der Instrumentierung.
04
Was ist das schwierigste daran, mit Blasinstrumenten Techno zu spielen? Wofür müsst ihr am meisten üben?
An vielen Stellen müssen wir mit den gleichen Herausforderungen fertig werden wie Musikerinnen und Musiker aus anderen Genres. Jedes Instrument hat seine Tücken. Und so gibt es bei uns wie im klassischen Repertoire Stellen, die ungünstig liegen und die man deshalb üben muss. Bei Meute kommt hinzu, dass wir während eines Programms extrem wenige Pausen machen, weil wir das Publikum wie ein DJ von Anfang bis Ende zum Tanzen animieren. Insofern braucht jeder von uns eine gute Ausdauer. Bei den großen Instrumenten kommt noch das Gewicht des Instruments dazu. Wir üben also nicht nur die Noten, sondern trainieren auch physisch.
05
Ihr spielt auf Festivals wie dem Melt, bei Guerilla-Gigs auf der Straße, aber auch in Konzerthäusern wie der Elbphilharmonie. Welches Setting ist euch am liebsten?
Jedes Setting ist anders und perfekt, wie es ist. Wenn wir auf einem akustischen Straßengig ein ganz intimes, direktes Miteinander mit dem Publikum verspüren, ist es genauso toll wie in einem verschwitzen Club in London, Paris oder Warschau mit 2000 Meute-Fans oder auf einem Festival vor 10.000 Menschen, bei dem viele uns noch nicht kennen und am Ende alle mitraven. Selbst ganz ohne Publikum und stattdessen mit einem coolen Film-, Sound- und Orgateam über den Dächern Hamburgs auf der Elbphilharmonie zu spielen war großartig. Diese Abwechslung empfinden wir als großes Geschenk.
Zusatzfrage
Wo habt ihr eure schicken Uniformen ausgegraben – und wofür stehen sie?
Die Uniformen sind eine Reminszenz an unsere Wurzeln: Spielmannszug, Zirkus, Michael Jackson, Jimi Hendrix und die Beatles. Es geht bei uns ja nicht nur um Techno, sondern im weitesten Sinne um Rock’n’Roll.
Interview: Anastasia Päßler, Stand: 23.9.2021