»Mozart y Mambo«

»Mozart y Mambo«

Über ein außergewöhnliches Konzertprojekt auf Kuba – mit Star-Hornistin Sarah Willis und dem Havana Lyceum Orchestra.

Mozart in Kuba? Und ob! »Allen, die mich fragen, warum man Mozart gerade in Kuba aufnimmt, kann ich nur sagen: Hören Sie es sich einfach an. Dann wissen Sie warum!«, sagt Sarah Willis und weiß, dass sie nicht zu viel verspricht. Die tänzerische Leichtigkeit von Mozarts Musik, ihre gute Laune und quirlige Lebensfreude lassen sich problemlos ins kubanische Lebens­gefühl übersetzen. Wie Mozart in der Karibik klingen könnte, zeigen die charismatische Hornistin der Berliner Philharmoniker und das Havana Lyceum Orchestra mit ihrem gemeinsamen Erfolgsprojekt »Mozart y Mambo«, das seine Werke mit traditioneller kubanischer Musik kombiniert.

Mozart tanzt Mambo :Die Geschichte hinter dem Projekt von Sarah Willis und dem Havana Lyceum Orchestra

»Die Kubaner meinen, dass Mozart ein guter Kubaner gewesen wäre«, erzählt Sarah Willis und lächelt zustimmend. Die gefeierte ­Hornistin der Berliner Philharmoniker hat es sich zur Aufgabe gemacht, die faszinierende Musik Kubas vor den Ohren und Augen der Welt aufzuführen. Fetzige Tanzsätze wie Bolero oder Mambo & Co. – Willis, selbst eine begeisterte Salsa-Tänzerin, nennt die Musik des karibischen Inselstaates ihre »musikalische Vorstellung vom Paradies«.

Erst ein paar Jahre ist es her, dass sie zum ersten Mal nach Kuba kam. Der Auftrag: ein Meisterkurs in Havanna. Ihre anfänglichen Bedenken, wie viele Hornistinnen und Hornisten es auf Kuba wohl überhaupt geben mag, waren schnell wie weggeblasen: »Es hat mich tief beeindruckt, wie viele zu meinem Kurs kamen, wie gut sie spielten und wie erfüllt von Musik sie alle waren. Durch sie begann ich, die klassische Musikkultur Kubas zu entdecken«, erinnert sich die Solistin.

Sarah Willis und Yuniet Lombida
Sarah Willis und Yuniet Lombida © Monika Ritterhaus

Was das jetzt mit Mozart zu tun hat? Viel! Denn den österreichischen Komponisten ehrt in Havanna nicht nur ein großes Marmor-Denkmal: Regelmäßig hört man in den Straßen der kubanischen Hauptstadt neben den Beatles auch Mozart, oft pfeift jemand mit. Kein Wunder, meint Sarah Willis, die den Klassikstar ebenfalls für einen guten Kubaner hält: »Denn in seiner Musik ist so viel Rhythmus, so viel Energie – dazu muss man wirklich tanzen!«

Gesagt, getan – gemeinsam mit den einheimischen Musikerinnen und Musikern vom Havana Lyceum Orchestra und ihrem Dirigenten José Antonio Méndez Padrón rief Sarah Willis das Projekt »Mozart y Mambo« ins Leben. Und landete einen Volltreffer: Die eigensinnige Idee und ihre Umsetzung sorgten gleichsam für Lobeshymnen unter CD-Kritikern wie für ausgelassene Stimmung bei Konzerten und öffentlichen OpenAir-Auftritten in den Straßen Havannas.

Mozart auf kubanisch :Zwischen »Kleiner Nachtmusik« und fröhlichem Nachtleben

Der Abend beginnt mit Mozart im Original: Nach der melodieseligen Ouvertüre zur »Entführung aus dem Serail« präsentiert das Orchester das Dritte Hornkonzert in Es-Dur, eines der populärsten Solokonzerte für Horn. Das ­Finale des dreisätzigen Werks, in dem der dritte Satz des Klavierkonzertes Nr. 22 (ebenfalls in Es-Dur) anklingt, strotzt nur so vor mitreißend lebensfroher Energie. Wie dieses quirlige Rondo-Finale des beliebten Solokonzertes auf kubanisch klingt, demonstrieren Sarah Willis und das Havana Lyceum Orchestra anschließend in einer Bearbeitung von Joshua Davis. Der australische Posaunist und Arrangeur verwandelte mithilfe des kubanischen Saxofonisten Yuniet Lombida Prieto Mozarts Horn-Klassiker kurzerhand in ein »Rondo alla Mambo«. Das Ergebnis: Musik, die nicht nur ins Ohr geht, sondern auch in die Beine.

Mit der Übersetzung eines weiteren Hits aus Mozarts Orchesterschaffen beauftragte Sarah Willis den kubanischen Komponisten und Arrangeur Edgar Olivero: Mit seiner »Sarahnade Mambo« schuf er einen faszinierenden Neuentwurf von Mozarts »Kleiner Nachtmusik«, für den die Hornistin eine kleine Salsa-Band um sich formiert. Dabei greift er auf Themen des populären ersten Allegro-Satzes von Mozarts Original zurück und kombiniert sie mit den charakteristischen Rhythmen und Perkussionsinstrumenten des kubanischen Tanzes.

Sarahbanda
Sarahbanda © Monika Ritterhaus

Den Abschluss machen – ganz ohne Mozart – neben dem traditionellen »Samba Son« zwei kubanische Lieder in einer Bearbeitung des Jazzpianisten und Komponisten Jorge Aragón, der in seinen Arrangements große Freiräume zum Improvisieren lässt. Sowohl Moisés Simons’ »El manisero« als auch »Dos gardenias« von Isolina Carrillo gehören zu den bekanntesten Musikstücken des Inselstaates. Nicht zuletzt die Aufnahme von »Dos gardenias« (Zwei Gardenien) des Buena Vista Social Clubs sorgte 1997 dafür, dass das leidenschaftliche Liebeslied der kubanischen Komponistin zu einem Klassiker der lateinamerikanischen Musik wurde.

Ein Klassiker, der Authentizität verlangt – von der Probenarbeit berichtet Sarah Willis, dass es ihr zunächst schwerfiel, loszulassen und ihre »klassisch« ausgebildete, geradere Spielweise zu überwinden. Ein kubanischer Freund riet ihr: »Du kannst das Stück nicht spielen, wenn du es nicht singen kannst«. Und so konnte man die Musikerin auf ihrem Weg zur Arbeit in Berlin stets den karibischen Hit trällern hören.

»El Manisero« ist mit über 160 Aufnahmen ein internationaler Evergreen. Der Titel heißt so viel wie »Der Erdnuss-Verkäufer« und geht auf eine alte Tradition der Marktleute in Kubas Straßen zurück: Im 19. und 20. Jahrhundert war es üblich, dass die so genannten »­Pregoneros« ihre Ware mit Gesang anpriesen. Genauer gesagt: Sie sangen um die Wette und damit um die Kundschaft – Virtuosität und ansprechende Melodien garantiert!

Text: Julika von Werder, Stand: 03.08.2021

»Ich fühlte eine ­unmittelbare Verbindung zu meinen neuen ­kubanischen Musikerfreunden.«

Sarah Willis

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