Winterreisen

Alles nur kein Liederabend: Schuberts legendärer Liederzyklus neu interpretiert

Nico and the Navigators
Nico and the Navigators © Dirk Bleicker

Ein Jahr vor seinem Tod schrieb Franz Schubert seinen Liedzyklus »Winterreise«. Nach wie vor gelten die 24 Lieder auf Texte von Wilhelm Müller als Nonplusultra des Repertoires. Zeitgenössische Zuhörer wurden durch die starke Expressivität angeblich in einen regelrechten Schock versetzt, und noch heute muss man im Konzert angesichts der Thematik um Abschied, Wanderschaft und Tod und ihrer intensiven musikalischen Ausgestaltung regelmäßig tief durchatmen.

Acht sehr unterschiedliche Interpretationen bieten von November bis März die Möglichkeit zu umfassender Auseinandersetzung mit diesem Klassiker der Romantik. Ein Liederabend im herkömmlichen Sinn ist gar nicht darunter, denn obwohl Matthias Goerne und Markus Hinterhäuser Musik und Text getreu der Vorgabe interpretieren, kommt eine starke visuelle Ebene durch die Filmprojektionen des südafrikanischen Künstlers William Kentridge hinzu.

Ian Bostridge hat die »Winterreise« unzählige Male gesungen und sich auch literarisch mit ihr auseinandergesetzt. In Hans Zenders »komponierter Interpretation« übernimmt er den weitgehend unangetasteten Gesangspart, während die Klavierstimme in die Vielfarbigkeit eines Orchesters übertragen ist.

Nico and the Navigtors setzen die Lieder von Schubert mithilfe eines Streichquartetts, vier Sängern und drei Performern in Szene, während Elfriede Jelinek in ihrer »Winterreise« Themen wie Rastlosigkeit und Verlassenheit aufgreift und sie zu einem ihrer persönlichsten und anrührendsten Texte verdichtet.

Ausgehend vom »Leiermann« erzielen Matthias Loibner und Natasa Mirkovic in ihrer Fassung für Drehleier und Stimme eine große Eindringlichkeit. Für The Cold Trip übersetzt Bernhard Lang die Musik Schuberts in seine eigene, teils elektronische Metakomposition, und mit der »Winterreise« auf den Lippen und einem Rucksack voll selbstgebauter Instrumente machen sich zwei junge Musiker und Performer auf den Weg in die Elbphilharmonie und verhelfen den Motiven rund um Heimat, Sehnsucht und Entfremdung zu neuer Aktualität.